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Ereignisse
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Große Jahrtausend-Feier
in Geltendorf im Jahr 1969
In einer im Hauptstaatsarchiv
München aufbewahrten Stiftungsurkunde aus dem Jahre 969
des Hochstifts St. Stephan in Augsburg wird erstmals der
Ortsname Geltendorf erwähnt. Es ist - wie könnte es anders
sein - eine Steuerfestsetzung, die besagt, dass Geltendorf
zehentpflichtig dem Damenhochstift St. Stephan in Augsburg
gehört. Dieses schriftliche Zeugnis besagt lediglich, dass
es eine bajuwarische Siedlung gibt, die möglicherweise auf
einen Sippenältesten mit dem Namen Geltolf als Gründer zurückzuführen
sei. Das Dorf des Geltolf kann nun immerhin auf eine 1000-jährige
Geschichte zurückblicken, die es 1969 zu feiern galt. |
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Ein Jahr vor dem Jubiläum wurde
vom damaligen Bürgermeister Karl Tochtermann ein Festausschuss
einberufen, der die Vorbereitungsarbeiten übernahm. Man
war sich schnell einig, dass der Festtag in einem größeren
Rahmen gefeiert werden soll. Ministerpräsident und Bischof
sollten eingeladen werden. Am Vormittag sollte der Pontifikalgottesdienst
einen geistlichen Akzent setzen und am Nachmittag der Festakt
in der Turnhalle zum Höhepunkt der Jahrtausendfeier werden.
Diese Vorschläge wurden von den Vereinen, die ihre aktive
Mitarbeit erklärten, und von der Bevölkerung akzeptiert.
Im Vorfeld wurden große Anstrengungen zur Verschönerung
von Geltendorf unternommen. Häuser, Höfe, Vorgärten wurden
herausgeputzt. Eine Bemühung, die sich lohnte; denn 1969
wurde Geltendorf beim Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner
werden" Sieger im Landkreis Fürstenfeldbruck und kam
beim Bezirkswettbewerb auf einen der vorderen Plätze in
Oberbayern.
Großer Wert wurde auf die Einladung der
Partnergemeinden gelegt: Schaidt in der Pfalz, St. Victor
in Frankreich und Ernsthofen in Österreich waren beim Fest
vertreten und gaben dem Geschehen ein internationales Flair.
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Am Dreifaltigkeitssonntag,
dem 1. Juni 1969, wurde das Jubiläum mit der Beteiligung
der Bevölkerung gefeiert. An diesem sonnigen Sommertag weckte
schon am Morgen ein Spielmannszug die Geltendorfer, die
sich zusammen mit den zahlreichen Gästen im Schulhof versammelten.
Diözesanbischof Dr. Josef Stimpfle feierte den Gottesdienst
mit mehreren Priestern in Konzelebration. Pfarrer Heinrich
Winterholler, damals in Windach, Pater Subprior von St.Ottilien,
der Pfarrer von Schaidt, Pfarrer Alfred Suyter aus Hilgertshausen,
Dekan Adolf Kiefer von Türkenfeld, Pfarrer Ulrich Dillmann
aus München, Pfarrer Baudenbacher aus Moorenweis, der bischöfliche
Sekretär Simon Eding sowie Pfarrer Hans Schneider standen
zusammen mit dem Bischof am Altar. Der Geltendorfer Kirchenchor
hatte sich zu diesem Fest mit vielen neuen Sängerinnen und
Sängern neu gebildet und trat unter seinem neuen Chorleiter
Bruno Estner mit einer Mozartmesse zum ersten Mal auf und
trug Wesentliches zum Gelingen des Festes bei. Für den neu
formierten Kirchenchor war dies gleichsam die Geburtsstunde
zu einer bis heute andauernden Periode großartig gepflegter
Kirchenmusik. |
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Bischof Stimpfle stellte in
seiner Predigt die Bedeutung der einzelnen Ortskirchen als
Glaubensgemeinschaft für die Weltkirche dar. Als Teilnehmer
des gerade zu Ende gegangenen 2. Vatikanischen Konzils erhoffte
er sich viele Impulse für die Kirche in Deutschland. Auch
die wechselvolle Geschichte Geltendorfs sprach er an: Die
Verwüstungen im 30-jährigen Krieg, die Zeiten der Pest,
die Opfer der beiden Weltkriege, die Veränderungen der soziologischen
Struktur vom Bauerndorf zu einer Wachstumsgemeinde mit vielen
Pendlern nach München.
Ein Stehempfang der Gemeinde
für die Gäste im Eingangsbereich der Volksschule schloss
sich an den Gottesdienst an. Schon vor 14 Uhr war die Turnhalle
überfüllt, als der bayerische Ministerpräsident Dr. Alfons
Goppel mit dem Hubschrauber aus München kommend, auf dem
Sportplatz landete. Der Empfang war überaus herzlich. Mit
seinem natürlichen, offenen Wesen hatte der Landesvater
schnell den Bann eines gespreizten Hofzeremoniells gebrochen
und Zugang zu den Menschen gefunden. Seine etwa 30-minütige
Ansprache war zukunftsorientiert und befasste sich mit den
gesellschaftlichen Umwälzungen, die es zu bewältigen galt.
Die Studentenunruhen von 1968 wirkten noch nach, die Mao-Bibel
war Richtschnur für nicht wenige Studenten, die antiautoritäre
Erziehung wurde von gewissen Kreisen vehement propagiert.
Antworten auf diese Umbruchssituation müssten noch gesucht
und gefunden werden. Es war weniger eine Fest- und Jubelrede,
vielmehr überwogen die nachdenklichen Passagen.
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Ministerpräsident, Bischof,
Bürgermeister, der Stimmkreisabgeordnete und spätere Innenminister
Dr. Alfred Seidel, Fürstenfeldbruck, waren anschließend
zum Kaffee in das kleine Haus geladen, das der Pfarrer in
der Schulstraße bis zur Fertigstellung des Pfarrzentrums
bewohnte. Im engen Wohnzimmer hatte die damalige Pfarrhausfrau,
Frl. Finni Mach, eine üppige Tafel bereitet. Bei Kaffee
und Kuchen wurde lebhaft über die gesellschaftspolitischen
Veränderungen weiter diskutiert. Dreimal kam der persönliche
Referent des Ministerpräsidenten herein und mahnte zum Aufbruch,
da sonst der Termin für eine Abendveranstaltung in Passau
nicht einzuhalten sei. |
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Bei der herzlichen Verabschiedung
hatten die Gastgeber und die zahlreichen Geltendorfer, die
am Sportplatz ausharrten und beim Abflug dem hohen Gast
freundlich zuwinkten, die Gewissheit, dass Geltendorf ein
denkwürdiges Fest gefeiert hat. Für das kleine Geltendorf
bedeutete es eine große Ehre, dass der bayerische Ministerpräsident
zur Jahrtausendfeier gekommen war und für einige Stunden
in ihrer Gemeinde weilte. Noch heute, 40 Jahre danach, wird
sich manch älterer Geltendorfer rückblickend gern an diesen
außergewöhnlichen Tag erinnern.
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Pfarrer
Hans Schneider |
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